Am 13. Juni verlassen wir kurz nach 8 Uhr Huaraz und folgen mit dem Kleinbus der Hauptstrasse talauswärts bis nach Yungay. Dieser Ort wurde im Jahr 1970 von einer gewaltigen Eis- und Gerölllawine aus der Nordflanke des Huascaran dem Erdboden gleichgemacht. Über 20'000 Opfer waren zu beklagen. Ein heftiges Erdbeben hatte die Lawine ausgelöst.
In Yungay zweigt eine kurven- und schlaglochreiche Schotterpiste in Richtung Lagunas Llanganuco ab. Etwas oberhalb der beiden tiefblauen Bergseen starten wir mit leichten Rucksäcken den Aufstieg ins Basislager - im Rücken Nord- und Südgipfel des Huascaran, dem höchsten Berg Perus. Das schwere Gepäck tragen uns einmal mehr langohrige Vierbeiner hoch. Nach dem Mittagessen heisst es die Rucksäcke für den Aufstieg ins Moränenlager packen. Sie sind nun deutlich schwerer als am Vormittag. Glücklicherweise tragen Julio der Hochträger und die Köche die gewichtigen Zelte und Schlafsäcke hoch. Als erstes gilt es eine steile Moräne zu überwinden. Anschliessend durchwandern wir eine wilde Gletscherschuttlandschaft um letztendlich kurz vor Einbruch der Dämmerung den Kamm der gegenüberliegenden Moräne und den dort liegenden Lagerplatz zu erreichen. Es wird empfindlich kalt, als wir auf die Köche mit dem Nachtessen und den Zelten warten. Schliesslich befinden wir uns auf 4700 m über Meer.
Die Schlafphase ist kurz. Bereits um zwei Uhr hört man Michel und Julio mit den Kochern hantieren. Wir schälen uns aus den Schlafsäcken und machen uns bereit für den Gipfelaufstieg. Über uns strahlen Abermillionen von Sternen der Milchstrasse. Ein Bild des Himmels, das wir in Mitteleuropa schon lange nicht mehr kennen. Zu dunstig die Luft und zu viel Lichtsmog.
Gegen halb vier erreichen wir nach ca. 30 Minuten Aufstieg den Gletscher. Steigeisen anschnallen und anseilen sind angesagt. Ueli bildet mit Trudy und Annemarie eine Seilschaft. Miquel bindet mich und Julio ins Seil. Im Licht der Strirnlampen steigen wir nun auf Eis und Firn Schritt für Schritt höher. Der Wind nimmt zu und die Temperatur nimmt scheinbar ab. Dafür beginnen sich in der Morgendämmerung die Umrisse der umliegenden Sechstausender abzuzeichnen. Die Höhe macht vorallem Annemarie zunehmend zu schaffen. Dank verbaler Unterstützung der ganzen Gruppe und kurzen Pausen gehts trotzdem laufend vorwärts. Kurz vor dem Gipfel treten wir in den Sonnenschein. Sofort wird es wärmer. Und ein paar dutzend Schritte später stehen wir auf 5750m. Gipfel erreicht - Freude herrscht. Weit und breit ist nicht eine Wolke zu sehen. Einfach gewaltig. Den Gipfel teilen wir mit einem Dutzend weiterer Bergsteiger. Doch für ein langes Verweilen bläst der kalte Wind zu stark.
Im Abstieg bewundern wir die bizzaren Eisgebilde, an denen entlang wir hochgestiegen sind. Riesige Balkone, Eiszapfen- und Rillen, Spalten - das ganze vielfältige Repetoir.
Nach Verlassen des Gletschers gibts vorerst eine lange Pause bevor wir ins Moränenlager absteigen, alles Material zusammenpacken und dann den Rückmarsch ins Basislager antreten. Dort empfängt uns unser Koch mit einer Pisco Torte!
Eine knapp siebenstündige Busfahrt bringt uns an den Ausgangpunkt der Tour. Bereits auf der Anfahrt überwinden wir kurz vor dem Startcamp den 4700 m hohen Cuncush-Pass.
Schnell gewöhnen wir uns an das Lagerleben. Warm anziehen, sobald die Sonne untergeht. Nachtessen im Esszelt zwischen 7 und 8 und dann ab ins Zelt in den warmen Schlafsack. Die Höhe und die wohlige Wärme wirken wie ein Sedativ. Problemlos lässt es sich bis am Morgen gegen 6 durchschlafen. Ausgenommen, der Harndrang zwingt zum Verlassen des Zelts. Da wird es kurz unagenehm.
Das Video gibt einen kurzen Überblick über den ersten Tag.
Wir wandern im Uhrzeigersinn um das Huayhuash-Gebirge. Die Lagerhöhe steigt bis am 5. Tag auf 4500m an. Die Eselkarvane von Aliende bringt das Material jeweils von Camp zu Camp. Die Trittsicherheit und das Fortbewegungstempo der Esel ist phänomenal.
Die Sicht auf die 6000er des Huayhuash beeindruckt aus jedem neuen Blickwinkel. Morgen- und Abendstimmung steigern die Dramaturgie zusätzlich.
Leider müssen Lisbeth und ich das Trekking am 6. Tag wegen akkuten Anzeichen eines Höhenlungenödems abbrechen. Die Rückkehr nach Huaraz ist lang und abenteuerlich. Ein kurzer Aufenthalt im Spital von Huaraz lindert die Symptome, so dass alle gemeinsam das Ende des Trekkings am 11. Juni im Hotel Andino feiern können.
Zu feiern gibt es den Gipfelerfolg von Ueli, Annemarie, Andrea und Trudi mit der Unterstützung von Miquel am Diablo Mudo. Durch den Rückgang des Gletschers ist die Besteigung deutlich schwieriger geworden als in den vergangenen Jahren.
Nach dem Morgenessen bringt uns ein Kleinbus zum Ausgangspunkt der Wanderung am Stadtrand von Huaraz. Im Gegensatz zum Vortag liegt das Wandergebiet nun an den Westhängen der Cordilliera Bianco, so dass die gleissenden Schneeberge nur selten zu sehen sind. Dafür öffnet sich der Blick auf die Cordilliera Negra, das Wandergebiet des Vortages.
In gemütlichem Tempo steigen wir auf einem gut ausgebauten Wanderweg zum Ahoac-See hoch, der bereits auf über 4500 m liegt. Die dünne Luft verlangsamt die Bewegungen automatisch.
Hier ein kurzes Video zur Wanderung.
Der Tag beginnt mit einem Paukenschlag. Ein Kleinbus bringt uns auf einem ausgewaschenen Karrweg zum Wilacochasee. Spätestens nach 5 Minuten auf der Piste sind alle hellwach. Es schaukelt und ruckelt wie auf einer Achterbahn. Wir sind uns nicht einig, ob es sich um ein T2 oder T3 nach Schweizer Wanderwegskala handelt.
Die Aussicht auf die Cordilliera Bianca mit all den bekannten 6000ern ist gewaltig. Eine gemütliche Wanderung über ein Höhenplateau bringt uns zurück nach Huaraz. Eindrücklich auf welche Höhe Getreide, Leguminosen und Kartoffeln angebaut werden.
Den Tag verbringen wir mit Anklimatisieren auf 3100m. Der Bummel über den Markt zeigt uns für europäische Augen gewohnungsbedürftige Fleischteken. Die Eindrücke sind überwältigend.
Nach einem langen Flug erreichen wir kurz nach 6 am Morgen Lima. Die Millionenstadt und die ganze Küste liegen in einer Nebelbank. Mit einem Privatbus fahren wir nordwärts entlang der Küste. Grau-braun präsentiert sich die Szenerie. Halbfertige Häuser zu Hauf, kehrichtgesämte Strassen und zuweilen Sichtweiten von weniger als 30 m machen diesen Reiseabschnitt wenig attraktiv. Wir sind froh, als wir nach dem Mittagessen den 4100 m hohen Conacochapass anpeilen. Endlich klare Luft und ein herrliches Panorama. Gegen 5 abends kommen wir in Huaraz an und beziehen unsere Unterkunft im Hotel Andino.
Die Vorbereitungen für die lange Auslandreise sind in der Schlussphase. Material auslegen und Reisetasche packen und wägen, letzte Besorgungen erledigen das Bike zerlegen und im Transportsack verstauen. Noch zwei Arbeitstage und dann gehts los Richtung Lima. Die Spannung steigt.